Bokeh“L“icious – 3 Canon-Gläser im Schnelltest

Ich gebe zu, der Begriff „bokehlicious“ ist vom DigitalRev TV-Team geklaut, aber anders kann ich diese Erfahrung nicht beschreiben.

Ich hatte in den letzten Tagen die Möglichkeit ganze drei Canon-Linsen zu testen. Als da wären das gaaanz alte Canon EF 100mm 2.8 Macro ohne USM, das im Jahr 1990 von Canon veröffentlicht wurde, das Canon EF 85mm 1.8 USM und das 2009 eingeführte Canon EF 100mm 2,8 L Macro IS USM. Warum? Eigentlich hatte ich mir überlegt, das Canon EF 100mm 2,8 USM Macro (Markteinführung März 2000) zu kaufen, und wollte es im Vorfeld testen. Kurzer Anruf beim örtlichen Fotoladen. „Das haben wir da!“ hieß es, also fuhr ich hin. Leider war es dann doch nicht da. Stattdessen war die Vorgängerversion da, das 1990er Modell, zu einem Preis von 399€, was für ein  mindestens 11 Jahre altes, gebrauchtes Objektiv recht vermessen war. Denn das USM-Modell kostet im Moment neu nur um die 500€, bei Amazon ist es im Moment (20.05.2011) für 486,98€ zu haben! Kurz nachgedacht: Mindestens 11 Jahre alt und ohne USM für 399€ gegen 486,98€ NEU!

Klar, dass ich dieses Objektiv nicht gekauft habe, oder?

Mir wurde sofort eine Alternative angeboten, die ich vorher auch schon im Auge hatte. Zwar für einen anderen Zweck, aber das Canon EF 85mm 1.8 war eben auch interessant. Also habe ich dieses für knappe 24 Stunden zum Test mitgenommen. Der langen Rede kurzer Sinn: Das war nix!

Also zurück damit und dann, bevor ich das normale 100er Macro testen konnte, die Gelegenheit, die neuere L-Version mit Stabi zu testen. Bokeh“L“licious“!!!

 

Also hier die ersten Bilder zum alten 100er Macro:

Im Laden kurz Testbilder mit dem alten, USM-losen 100er Macro gemacht. Wie gesagt, wurde dieses Objektiv von Canon im Jahre 1990 eingeführt, die Technik ist also 21 Jahre alt. Es fühlte sich altersbedingt natürlich etwas abgegriffen an, jedoch auch ziemlich plastikmäßig. Irgendwie wie der „Joghurtbecher“ EF 50mm 1.8, doch von einem Macro für 399€ Gebrauchtpreis erwarte ich einiges mehr. Der USM fehlt, und so brauchte es einige Sekunden bis das Ziel getroffen wurde. Wenn es getroffen wurde. Bei 10 Testbildern lief der Fokus einmal über den kompletten Bereich, bis er auf dem Rückweg dann sein Ziel traf. Die Bereichseingrenzung für den Fokus gibt die Optionen „Full“ und „Limit“ vor. Weder bei weit entfernten Zielen noch Close-Ups brachte die Einstellung eine Verbesserung. Allgemein enttäuschend.

 

 

 

 

 


Optisch ist die Leistung ok, immerhin war es im Laden recht dunkel und außen sehr sonnig. So kann man mit Halos rechnen, allerdings sind diese relativ deutlich. am feinen Gitter im Fenster und den Stativen lassen sich Abbildungsfehler selbst auf diesem kleinen Bild gut ausmachen. Spiegelungen des roten Schirms außen sind davon zwar nicht leicht zu unterscheiden, aber es geht. Vor allem links an den Stativen, denn da konnte sich der rote Schirm ja nicht spiegeln.

Im 100%-Crop (klicke hier!) sieht man die Fehler deutlicher: Ich zeige das hier, obwohl ich eigentlich nicht zu der „100%-Crop-muss-perfekt-sein“-Gemeinde gehöre, aber viele meiner Bilder bringe ich auf DIN A4 oder größer, und da sieht man so etwas dann sofort…

 

 

 

 

Fazit zum 1990er Canon EF 100mm 2.8 Macro: Gebraucht für 399€ viel zu teuer, und das wäre es auch für 299€ gewesen… Qualitativ gut, technisch weit hinter dem aktuellen Stand zurück.

 

Kommen wir zum Canon EF 85mm 1.8 und seinen Leistungen.

Die ersten Testbilder habe ich wieder direkt im Laden gemacht. Dieses Objektiv ist mit USM ausgestattet, der wirklich sehr schnell und leise sein Ziel auch unter den hier gegebenen, erschwerten Bedingungen trifft. Erster positiver Punkt. Dieses Glas ist aus dem Jahr 1992, und damit nur 2 Jahre neuer als das zuvor getestete 100er. Der technische Fortschritt ist bedeutend. Nur bei einer Aufnahme hatte der Fokus Schwierigkeiten. Das lag allerdings daran, dass ich vergessen hatte, wo die Naheinstellgrenze dieses Glases liegt: bei rund 85cm!! Eine 85mm-Optik mit dieser Naheinstellgrenze… Da muss man schon sehr weit weg. Erster negativer Punkt. Zur größten Blende 1.8 muss man nicht viel sagen, außer vielleicht, dass es bei Offenblende optisch wirklich Schwächen zeigt.

 

 

 

 

 

Also bewerte ich die optische Leistung wie folgt: Natürlich müssen wir wieder die Spiegelungen des roten Schirms weg denken. Doch das berühmt-berüchtigte Purple Fringing dieser Optik kommt sehr deutlich zum Vorschein. Wenn man genau hin sieht, erkennt man sogar auf diesem verkleinerten Bild am Gitter die Farbsäume und die CA´s.

Im 100%-Crop (klicke hier!) werden die Schwächen unweigerlich sichtbar. CA´s und Purple Fringing sind so stark, das eine Korrektur sehr aufwendig und zeitraubend würde, teilweise sind sie nicht korrigierbar, zum Beispiel am Gitter.

 

 

 

 

 

 

Später am Tage machte ich weitere Testaufnahmen, die allerdings auch alle enttäuschend waren. Hier noch ein Beispiel. Auf den ersten Blick zeigt die Optik doch recht ansprechendes Bokeh. Doch was ist das? Sogar die kleine, feine Spiegelung des Fensters in der Kunststoffflasche zeigen lila-blaue Farbsäume (klicke hier für 100%-Crop). Keine hohen Kontrastwerte oder ähnliches, trotzdem solche Abbildungsfehler. In einem Portrait traten ähnliche Effekte auf, wo sich das Tageslicht am dunkelbraunen Gestell einer Brille spiegelte. Da müsste ich jedes Bild bis ins Detail korrigieren, aber ich mag nun einmal natürliche Bilder.

 

 

 

 

 

 

Fazit zum Canon EF 85mm 1.8: Für einen Preis zwischen 390€ und 450€ sehe ich das nicht ein. Wie in der Einleitung geschrieben suche ich natürlich ein brauchbares 85er für meine Ansprüche, aber dieses wird es nicht! Es gibt ja Alternativen. Das Canon EF 85mm 1.2 L ist leider sehr teuer, aber Sigma hat ja nun das Sigma 85mm F1.4 EX DG HSM auf dem Markt, das zwar ebenso unterschiedlich bewertet wird wie das EF 85mm 1.8, aber testen werde ich es.

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Kommen wir zum Canon EF 100mm 2.8 IS L Macro.

Ich liebe dieses Glas! Ich hatte schon einmal das 35mm 1.4er L und das 24-105 4.0 L vor der Kamera. Auch diese waren hervorragend, also habe ich ehrlich gesagt nichts anderes erwartet. Mit dem 24-105 L habe ich das letzte Herman-Konzert fotografiert. Das hat sehr viel Spaß gemacht und wenn ich die Bilder bearbeitet habe, werde ich diese auch in einer Galerie hier zeigen. Doch das bildstabilisierte 100er Macro ist….scharf! Superscharf!! Und die ersten zwei Stunden Testspielerei bei schlechtem Licht und hohen ISO-Zahlen haben mich mehr als beeindruckt! Auflösung und Schärfe sind an der 5D MarkII einfach unglaublich beeindruckend. Der USM ist wirklich schnell, kaum hörbar und äußerst treffsicher! Er lässt sich in drei Stufen begrenzen: 1. Stufe zwischen der Naheinstellgrenze 30cm – 50cm, dann zwischen 50cm und unendlich und auf den gesamten Bereich zwischen 30cm und unendlich. Durch eine Vorauswahl wird der USM zum „Turbo-USM“. Das Bokeh ist wunderbar! Der Bildstabilisator tut sein Werk und holt locker 2-3 Blendenstufen unter schlechten Bedingungen raus. Technisch wirklich ein hervorragendes Objektiv mit Staub- und Spritzwasserschutz, super Haptik und Qualität. Hier hat man was in der Hand! Mit einem möglichen Abbildungsmaßstab von 1:1 ist es für Makro natürlich super. Aber neben Insekten und kleinsten Pflänzchen kann man damit auch hervorragende Portraits bzw. extreme Close-Ups machen.

Das 1990er Macro schlägt es optisch und technisch um Längen, zum Zwischenstück EF 100mm 2.8 USM fehlt mir leider noch der Vergleich.

 

Optisch überzeugt es unter schlechten Bedingungen sehr. Offenblende, ISO 6400, schwaches Licht. Im 100%-Crop (hier klicken!) kann man oben am Flaschenhals die Spiegelung des Fernsehers erkennen. Im Original erkennt man darin sogar, was Studiowand und was Moderator war!! Ich werde bald noch viele Bilder mehr von diesem Objektiv zeigen. Mehr als dieses Flaschenbild mit cremigem Bokeh. Darauf darf man gespannt sein!

 

 

 

Fazit zum 100er Macro L: Großartiges Objektiv, das sein Geld wert ist! Ich weiß jetzt, warum Krolop & Gerst es in ihrem Blog als sehr gutes Portrait-Objektiv empfohlen haben und viele ihrer Aufnahmen damit machen! Der recht hohe Anschaffungspreis lohnt sich jedoch nur für Profis oder sehr ambitionierte Hobbyfotografen, denn er liegt im Moment um die 800€. Dafür geht die Optik die 21 MP der EOS 5D MarkII locker mit. Ich liebe dieses Glas, und der Tag an dem es meines wird, wird ein toller Tag! Freut euch auf mehr Bilder!

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