ich empfehle bücher, aber…

Ich empfehle hin und wieder Bücher und Tutorials, die jedem Zugang zu Film und Fotografie ermöglichen. Diese Medien sind toll, aber sie lösen etwas aus, das ich nicht als uneingeschränkt gut empfinde.

 

In den letzten Artikeln habe ich Bücher über Filme und Fotografie empfohlen, die man sich gerne mal rein tun kann, wenn man sich für diese Themen interessiert. Außerdem bietet das Internet unzählige Möglichkeiten, sich in den einzelnen Bereichen weiter zu bilden.

Allerdings möchte ich im Folgenden mal ein paar Fragen aufwerfen und Standpunkte klar machen. Denn uneingeschränkt gut finde ich das alles nicht, und dafür habe ich meine Gründe. Denn viele denken, man wird professioneller Fotograf – oder auch Filmemacher – indem man sich eine Kamera besorgt und eine Facebook-Seite mit Fotos oder Filmen eröffnet. Ich finde: Nein! Denn zum Profi gehört mehr als teure Technik und ein Funken Talent.

Die digitale Welt und das Internet

Das Internet ist eine feine Sache. Wie sehr hat es die Menschheit weiter gebracht! Jeder kann und darf dort auf diversen Plattformen tun und sagen was er will. Und da auch der Rest der Welt sich nicht vor der Digitalisierung verstecken kann, wird es zunehmend leichter, sein gesamtes Leben ins Internet zu tragen. Das ist schön und – wie ich finde – gefährlich gleichermaßen. Denn nicht alles, was im Internet leicht zu finden und zu lesen ist, ist sinnvoll, geschweige denn gut und richtig. Im Folgenden ein paar Beispiele:

Seit ungefähr 2006, also jetzt ca. 10 Jahre, gibt es zum Beispiel Fotokameras mit digitalem Sensor statt Film, die mit dem klassischen Film in Sachen Auflösung mithalten können. Ungefähr zu der Zeit begann auch der Siegeszug der Digitalfotografie. Der Profi musste nun nicht mehr erklären, warum er digital fotografiert, er musste sich rechtfertigen wenn er es noch nicht tat. Und mit der Durchsetzung im Profi-Segment kam auch der Massenmarkt in Schwung und heute gibt es fast nur noch digitale Kameras, die auch noch stetig verbessert werden. Und das für kleines Geld.

Das Schöne daran ist, dass eine tolle Technologie nun so ziemlich jedem zur Verfügung steht, dass jeder sich das Fotografieren oder Filmen als Hobby suchen kann, und das es immer erschwinglicher wird. Früher waren Kameras nicht günstig und Film wollte gekauft und entwickelt werden. Heute kauft man eine SD-Karte und da passen tausende Fotos drauf. Die kopiert man auf den PC und dann kann man die nächsten Bilder machen, ohne Kosten. Ähnlich mit Film. Super8 war in den 60er und 70er Jahren nur was für Verrückte. Die Videokameras der 80er ebenso. Die Wenigsten haben sich damit auf professionellem Niveau befasst. Im Urlaub gefilmt, Kassette in den Schrank (bis es keine Player mehr gab), und gut war. Es gab kein Massenphänomen.

Was heute das Schöne an der Technologie und den günstigen Preisen ist, ist aber auch in manchen Dingen mit Vorsicht zu genießen. Wie oben bereits erwähnt: Viele denken, es gibt ja alles günstig zu kaufen, das Netz ist überschwemmt von Fotografen, Filmemachern, ja Künstlern aller Art, die ihre Arbeit präsentieren und Tipps und Tricks auf allen Kanälen kundtun. Es gibt Fotografen, die sich ein nettes Taschengeld verdienen, indem sie Lightroomvorgaben und Photoshop-Aktionen etc. als Pakete anbieten usw. Da will ich mich auch gar nicht ausschließen, denn immerhin gibt es diesen Blog hier, die Website dabei mit Arbeitsproben, eine Facebook-Seite, einen Youtube-Kanal auf dem auch mal ein paar „Ansichtssache“-Videos zu sehen sind, einen Instagram-Account und vieles mehr. Nun, ich verbreite mein Wissen ja auch gerne, weswegen ich neben all diesen Dingen auch als Dozent an der Games Academy arbeitete und einen Workshop mit Studenten der Hochschule für Musik in Detmold gemacht habe. Aber auf diesen Kanälen gebe ich mein Wissen kostenlos weiter, obwohl mich die Produktion der Videos und all das Drumherum auch Geld und mindestens viel Zeit kostet. Denn ich möchte nicht, dass die Nutzer denken,  wenn sie diese Tutorials kaufen, jenes Buch lesen, dann diese Tutorial und jetzt die Kamera kaufen, dann noch einen Haufen Lightroom-Presets, sind sie automatisch Profi. Dann noch eine Seite und man ist bereit, sein Geschäft zu eröffnen und gutes Geld zu verdienen. DENN DAS STIMMT NICHT!

Profi ist, wer mit seiner Arbeit Geld verdient!

Denkste! Nicht im Ansatz! Warum? Ich kann auch zu jemandem sagen: „Gib mir 1000 Euro und ich schneide dir den Blinddarm raus!“. Dann hab ich damit Geld verdient, bin aber noch längst kein Profi. Abgesehen davon, dass die 1000 Euro nicht garantieren, dass der arme Kerl wieder aufwacht, gibt es weitere Gründe, warum ich dann noch lange kein Arzt bin. Zur Ausbildung eines Mediziners gehören nämlich auch andere Dinge als aufschneiden, rausschneiden, zunähen. Und so ist es auch mit der Fotografie und der Filmerei. Während einer guten Ausbildung oder eines entsprechenden Studiums lernt man nicht nur, wie man Lampen oder Blitze aufbaut, die Blende einstellt und den Auslöser drückt. Man lernt Marketing, einiges am „Drumherum“ und auch Dinge, die am Ende des Tages für jeden mal mehr oder weniger wichtig werden. Rechtliche Aspekte, die mit dem Job zusammen hängen zum Beispiel. Oder den ganzen kaufmännischen Bereich wie Preisgestaltung, Abrechnung, Kalkulation von Projekten und Projektmanagement. Die meisten denken aber:

Das ist doch leicht!

Und dann kommt der Hammer. Wie viele Kunden habe ich schon dadurch gewonnen, dass sie ihre Filme billig produzieren ließen und dann am Ende was nicht so lief, wie es sollte. Da will jemand einen Werbefilm fürs Kino, der „Filmemacher“ dreht ganz günstig, aber am Ende reicht die Auflösung nicht für eine anständige Kino-Projektion, der Film liegt nur mit Stereo-Tonspur vor und davon mal ganz abgesehen: eine DCP erstellen kann er gar nicht. Aber Hauptsache er verdient mal nebenbei ein paar Euro mit einem Werbefilm.

Nächstes Beispiel: Ich sitze bei einem Kunden und spreche über Musik im Film und er sagt: „Aber nicht, dass das wieder gelöscht wird…“. Und auf Nachfrage erfahre ich dann, dass der Kunde vor kurzem einen günstigen Film erstellen ließ und dieser dann von Youtube gelöscht wurde, da eine nicht lizensierte Musik verwendet wurde.

Seit vor ein paar Tagen durch die Medien ging, dass sich Youtube und die GEMA endlich geeinigt haben und von nun an viel mehr Musik von Künstlern in Deutschland auf Youtube verfügbar ist, drehen sogar viele vermeintliche Profis am Rad. Es gibt seit Tagen in einschlägigen Foren und den verschiedenen Facebook-Gruppen wie „Filmemacher Deutschland“ oder „Junge Filmemacher“ fortlaufend die Frage bzw. Diskussion, dass man nun jegliche Musik einfach so für seinen Imagefilm verwenden darf.

Und ja, man darf Musik benutzen, wenn Youtube sich mit den Verwertungsgesellschaften geeinigt hat. Für private, nichtkommerzielle Zwecke! Allerdings gibt es für kommerzielle Filme dann auch andere Regeln! Und kommerziell ist für den Profi, und auch für den nebengewerblich Tätigen, alles inkl. der Eigenwerbung, Showreel, Making-Of… einfach alles. Und da sind dann auch noch immer Verlage und andere Rechteinhaber, und nicht zuletzt Künstler, die auch mit der kommerziellen Verwendung einverstanden sein müssen. Lizenz- und Nutzungsgebühren müssen also trotz der Youtube/GEMA-Einigung noch gezahlt werden! Und das kann sehr teuer werden. Nutzt man unlizensierte Musik, drohen Unterlassungs- bis hin zu Schadensersatzverfahren.

Die Kunden haben es eingesehen: Billig produziert ist schlecht produziert. Nichts spricht gegen günstig, wenn gut produziert wurde. Und da sind wir beim nächsten Punkt, der billigen Produktion durch diese Semi-Profis.

Die Semi-Profis machen den Markt kaputt!

Das kann man sehr häufig lesen im Netz. Und dann gibt es viele, die dem zustimmen. Und viele, die sagen, es würde sich die Qualität durchsetzen. Wenn ein Semi-Profi dem Profi den Job weg angelt, ist er eben besser, heißt es dann. Naja.

Seit 10 Jahren bin ich Filmemacher im Hauptberuf, davor habe ich neben meinem Filmstudium (na, wer merkt was?) ein paar Dinger produziert. Unter anderem um LAMENTO zu finanzieren, haben wir damals mit unserem Team auch Imagefilme gemacht. Fotos mache ich seit 6 Jahren. Und ich habe nichts dagegen, wenn Filmstudenten Erfahrungen sammeln, Kontakte in die Branche knüpfen und ihren Geldbeutel füttern. Nach dem Studium merken die Jungs und Mädels sowieso, wie es im Leben rund geht 😉

Aber was ist mit den Fotografen und Filmemachern im Nebengewerbe? Tja, das ist so eine Sache. Und das sehe ich recht kritisch. Viele melden ein Nebengewerbe in den Bereichen an und bieten ihre – vielleicht sogar qualitativ sehr guten Dienste – zu günstigen Preisen an. Und die machen tatsächlich den Markt kaputt. Warum? Naja, einen kleinen bis 2-minütigen Web-Werbefilm mit einem Drehtag, zwei Schnitttagen, GEMA-freier Musik Sprecher und Fahrtkosten für 395€… oder gar 595€… ist doch schön für den Kunden. Und für den Nebenberufler. Der hat ja schon einen Job in Festanstellung, ist günstig kranken-, renten- und arbeitslosenversichert und hat 28 Urlaubstage, von denen er einmal 12 Tage am Strand liegt, einmal 8 Tage beim Apre Ski in den Alpen verbringt und an den anderen 8 Tagen macht er zwei bis drei Filmchen und verdient sich den nächsten Urlaub oder ein nettes Taschengeld nebenher. Sein Equipment kauft er ja von seinem normalen Verdienst. Ich sage dazu oft lapidar „Billigheimer“. Klingt ein wenig abwertend. Und ich gebe das ganz offen zu: ist es oft auch. Mancher MUSS keine Preise gestalten, die den Lebensunterhalt sicher. und mancher tut es einfach nicht und kalkuliert seine Preise schlecht. Bis das Finanzamt kommt zumindest…

Oder gerade vor ein paar Tagen in einer Facebook-Gruppe gelesen: Der Postende hatte sich gerade sein zweites Objektiv zu seiner Canon EOS 600D gekauft, Bilder gepostet, die keinem wirklich gefielen (ok, Geschmacksache!), und er war nun ganz entsetzt, weil ihm jemand sagte, er würde ihm kein Geld für die Bilder bezahlen. Der Postende verlangte aber nach Anfrage für ein Shooting 200€ für eben jenes. Darauf angesprochen meinte er, er habe ja dieses Hobby, nun das zweite Objektiv gekauft und hätte schließlich Ausgaben. Ja, richtig gelesen: er will sich sein Hobby bezahlen lassen…

Der Filmemacher/Fotograf im Hauptberuf dagegen muss sich ein anderes Hobby suchen. Und das Hobby muss er von dem mit Filmen und Fotografien erarbeiteten Geld bezahlen. Genau wie seine Arbeitsgeräte, seine Krankenversicherung, die Altersvorsorge und das Feierabendbier im Kühlschrank. Da kann man dann schon verstehen, warum der Vollzeit-Filmer/Vollzeit-Fotograf etwas andere Preise aufrufen muss, oder?

Und warum machen nun die Nebenberufler und Billigheimer den Markt kaputt? Na weil der Kunde wider besseres Wissen in erster Linie mal auf den Preis schaut. Und so kriegt der Nebenberufler, wenn er gute Arbeiten vorzuweisen hat, den Auftrag. Das kann für beide auch eine gute Zusammenarbeit werden. Solange alles geregelt läuft. Und der Film nicht irgendwann von Youtube gesperrt wird und der Kunde den Profi anruft. Oder eben niemanden, weil er „ein Mal ganz schlechte Erfahrung mit Film“ gemacht hat.

Natürlich ist das nicht bei allen Nebenberuflern so. Bei dem einen oder anderen frage ich mich dann auch: „Warum macht der das nicht hauptberuflich? Der hat´s drauf und weiß bescheid!“. Aber das sind wenige.

Zurück zum Glück!

Und damit sind wir wieder beim Thema. Wo und wie lernt man? Wer eine fundierte Ausbildung erhält oder ein Studium absolviert, lernt einfach mehr, als einem Talent, Bücher und Tutorials beibringen können. Der Quereinstieg funktioniert nur selten, und nur wirklich gut, wenn man in großen Produktionen ganz unten mit der Arbeit beginnt. Nicht jeder hat das Glück und den Ehrgeiz eines Quentin Tarantino und kann das Fundament seiner Karriere in einer Videothek legen. Wirtschaftliche, juristische und technische Aspekte und Grundlagen sind meiner Meinung nach genauso wichtig wie Talent und ein gutes Auge, um als Prof-Fotograf oder Profi-Filmemacher zu gelten. Den Profi zeichnet mehr aus als tolle Bilder auf einer Facebook-Seite und ein paar – mehr oder minder gut – bezahlte Aufträge.

Viele arbeiten – wie ich – als Filmemacher oder Fotograf, der beinahe alles selbst macht. Eine One-Man-Show. Bei PremiumBeat wurde hier kürzlich der Begriff SHREDITOR kreiert: Shooter, Producer, Editor. Shooten können viele, Editing können viele, am Produzieren hapert es häufig. Ist zumindest mein Empfinden aus der Erfahrung heraus.

Das Ganze hier ist ein sehr kompliziertes Thema und das hier sind nur ein paar Beispiele und Gedanken dazu. Da gibt es viele Blickwinkel und Positionen. Auch meine oben genannten Gedanken betreffen bei weitem nicht jeden, das wurde hoffentlich deutlich. Ich mag allerdings die Vielschichtigkeit des Themas und klare, deutliche Aussagen, mit denen man diskutieren kann.

Also: Wie steht ihr dazu? Macht ihr Filme und/oder Fotos als Hobby, im Nebengewerbe oder hauptberuflich? Wie gestaltet ihr eure Preise? Erzählt mal…