Kessler Pocket Jib mit K-Pod im Einsatz getestet

Kessler Pocket Jib mit K-Pod im Einsatz getestet

Tja, wie bei allen meinen Kaufentscheidungen war auch diese hier eine längere Geschichte.

Was ich wollte war ein flexibles, schweres und stabiles Stativ. Schwer ist natürlich relativ. Ich wollte eines, das alle meine Kameras sicher hält. Und Gewicht bringt Stabilität mit sich. Ein 3-Achsen-Gimbal wie mein inzwischen auch angeschafftes Ronin (Review folgt…) ist leider im Ein-Mann-Betrieb schwerer zu handhaben, daher sollte es auch noch eine Alternative geben.

Und was gibt es da schon. Viele „Mini-Jibs“, inkl. der kleinen Kessler-Modelle. Aber sind diese auch so stabil wie ich gerne hätte? Nein. Das sieht man schon in den Demo-Videos, die zu Tonnen auf Youtube rum geistern. Die Stative sind zu leicht, die „Ärmchen“ der Jibs zu dünn, Verbindungen zu locker. Also lief es auf den Pocket Jib hinaus, in Verbindung mit einem Kessler K-Pod und Vollgummi-Rollen. Die Kamera wird vom Manfrotto-Kopf gehalten. Das schien mir ein gutes Setup und für kompett rund 2500€ soll es auch was abkönnen.

Als der Jib geliefert wurde war ich von der Wuchtigkeit erst einmal überrascht. Aber es war alles sehr ordentlich verpackt. Der Jib selbst kommt mit Swivelmount und großer Tasche, das K-Pod ebenso mit Tasche. So kann man alles gut transportieren und ordentlich verstauen. Die Taschen sind gut 1,2 Meter lang, man sollte also einen Kombi fahren. Etwas Gewicht bringen sie auch mit, allerdings kann man wirklich alles Nötige für den Einsatz des Pocket Jibs in den Taschen transportieren.

kessler pocket jib package

Die beiden Jib-Taschen rechts, der Rest des Equipments links

Es ist tatsächlich alles so schnell und leicht aufgebaut, wie es in vielen Videos zu sehen ist. Einzig das Balancieren der Kamera ist kniffelig wie eh und je. Aber das kann man wohl nicht ändern. Die Gummirollen unter dem K-Pod sorgen dafür, dass man das Ganze nicht heben muss sondern rollen kann. Ich habe mich für die großen Vollgummi-Räder mit der Bezeichnung „all-terrain“ entschieden. Kleinere unebenheiten im Boden bis hin zu Fliesenfugen machen diesen Rollen nicht viel aus. Zum Transport egal, aber sogar kleine Fahrten mit bewegtem Stativ sind nun möglich ohne Dolly-Schienen zu legen.

Der erhoffte Nutzen:

Was der Jib bewirkt ist klar.
Von kleineren Kamera-Bewegungen wie sanften Schwenks inkl. einer tatsächlichen Änderung der Kameraposition, Tilt-Bewegungen und auf und ab wie bei einem Kran, nur nicht ganz so hoch, sollten nun problemlos und stabil möglich sein. Die gewonnene Dynamik im Bild sollte jeden Film optisch deutlich aufwerten und damit einen höheren Production Value erzeugen.

Der Aufbau:

Der Kessler Pocket Jib ist sehr schnell montiert. Nachdem das wuchtige K-Pod mit den Vollgummirollen versehen und aufgestellte wurde, wird der Jib auf dem Swivel-Mount mit zwei Schrauben fixiert. Die großen Schrauben sind fest im Swivel-Mount verbaut, man muss lediglich den Jib-Arm positionieren und von oben mit großen Muttern kontern, die sich dank ihres großen Kunststoffkopfes sehr leicht mit der Hand festziehen lassen. Anschließend löst man die Arretierung der Kopfplatte und dreht diese so, dass die Halbschale nach vorne über den Jib hinausragt und befestigt den Stativkopf. Am hinteren Ende kann man nun durch Lösen zweier Schrauben die Halterungen für Gegengewichte einrichten. Rechts und links zwei Schrauben lösen, Stangen herausziehen und die zum Transport nach Innen geklappten Stangenenden nach Außen klappen, ineinander stecken, mittig ausrichten und wieder mit den beiden Schrauben fixieren. Gegengewichte anbringen und mit mitgelieferten Klemmen fixieren. Dann die Kamera etc. montieren und per Gegengewichten grob, später anhand der ausziehbaren Stangen fein justieren. Fertig.

Der erste Einsatz:

Zum ersten Mal eingesetzt habe ich den Pocket Jib bei einem Dreh in der Produktionsstätte eines Kunden. Das Festhalten meines Setups per Foto war dort leider nicht möglich. Jedenfalls waren meine ersten Schritte mit dem Gerät schnell gemacht. Man gewöhnt sich gut daran, dass da etwas mehr hinter der Kamera hängt. Sie nicht ständig irgendwo ablegen zu müssen und sie trotzdem fast frei im Raum bewegen zu können war schon eine tolle Erfahrung. Beim zweiten Einsatz unter ähnlichen Bedingungen hat der Kunde mich mal eben bei der Arbeit abgelichtet.

jib

Hier sieht man ganz gut die Ausmaße des Setups. Dummerweise stehe ich direkt vor dem Kamerakopf. Aufgebaut waren hier eine Canon EOS C100 mit Canon EF 24-105mm f4 L, einem Atomos Ninja2, Rode Richtmikro und Stromversorgung.

Im Großen und Ganzen muss ich sagen, der o.g. erhoffte Nutzen hat sich voll eingestellt. Besonders bei diesem zweiten Dreh machte der Jib Makro-Aufnahmen sehr angenehm, denn ich musste nicht immer wieder am Stativ Position und Höhe ändern sondern konnte einfach den Arm bewegen. So gelangen mit einem Canon EF 100mm Macro f2,8 L wirklich tolle Aufnahmen aus dem „Inneren“ einer Maschine.

Benutzte Kamera & Handling:

Bestückt wurde der Pocket Jib wie zum Teil schon erwähnt mit der Canon EOS C100, dem Canon EF24-105 L, EF 50mm 1.8II, EF 100mm Macro L und dem Sigma 17-50mm f2,8, dazu mit meinem Ikan Fieldmonitor, Atomos Ninja2, Richtmikrofon auf der Kamera und den dazu passenden Gegengewichten. Die Vollgummirollen erwiesen sich hier als sehr vorteilhaft, da ich das ganze Setup schlicht und einfach durch die riesige Produktionsstätte schieben könnte, von Produktionsprozess zu Produktionsprozess. Tragen und große Umbauten am Setup waren nicht nötig, man konnte prinzipiell den ganzen Tag drehen und sich auf die Gestaltung konzentrieren. Die Technik stand fest. Im wahrsten Sinne. Schärfe ziehen ist mit einem Follow Focus und dem Fieldmonitor überhaupt kein großes Problem, denn richtig balanciert und eingestellt kann man den gesamten Jib über den Manfrotto.Kopf unter der Kamera präzise und ruhig mit einer Hand bewegen, die Schärfe mit der anderen ziehen. Natürlich braucht man dafür etwas Übung und vielleicht auch mal 1-2 Versuche mehr für eine Einstellung, aber das Endergebnis entschädigt dafür definitiv.

Kessler Pocket Jib mit C100

Kessler Pocket Jib mit C100

Fazit:

Für den Ein-Mann-Betrieb mit großem Kamera-Setup ist der Kessler Pocket Jib durchaus zu empfehlen. Er ist auch alleine schnell aufgebaut. Alle erhofften Eigenschaften und Funktionen sind vorhanden, er ist sauber und robust verarbeitet, sehr stabil. Ruhige, dynamische Kameraeinstellungen sind auch im Ein-Mann-Betrieb gut möglich. Hat man einen Mann mehr zur Verfügung, so kann man damit noch deutlich mehr anstellen. Für einen Preis von ca. 2500€ für Pocket Jib, K-Pod und Vollgummirollen denke ich, ist die Investition sehr gut vertretbar, wenn man das Gefühl hat man kann ein solches Gerät gut gebrauchen. Ich würde ihn kleineren, leichteren Varianten aufgrund der Stabilität auf jeden Fall vorziehen.

Ich kann den Kessler Pocket Jib guten Gewissens empfehlen.