Scheiße, das war doch meine Idee!?! – Ein Statement zu Film-Ideen

Scheiße, das war doch meine Idee!?! – Ein Statement zu Film-Ideen

Also das hat mir neulich abends echt kurz die Füße weg gezogen…

Vielleicht kennt ihr das: Da arbeitet man über zwei Jahre lang nebenbei an einem Kurzfilm, spricht mit Leuten darüber – weil so ein Projekt allein ja gar nicht möglich ist – und schreibt und schreibt. Und dann scrollt man so ganz entspannt durch Facebook und plötzlich… Will man nur noch kotzen.

Sorry für die Wortwahl, aber so ist es nun mal.
Da findet man plötzlich einen Post von ZDF_neo über die Pilot-Reihe im Herbst und liest und denkt: „Moment, hab ich mein Projekt schon gedreht? Leide ich an Gedächtnisschwund?“

Die selbe Grundidee. Das kann vorkommen. Mist. Aber dann liest man weiter und schaut den Trailer eines Piloten und wundert sich. Ganze Handlungsstränge scheinen identisch.

Und das wirft mich in eine Krise.

Ich will kurz erläutern, worum es geht:
Das Projekt an dem ich arbeite handelt von einem Typen, der eines Nachts Besuch bekommt. Vom Tod. Der will unseren Protagonisten mitnehmen, der sich allerdings gar nicht vorstellen kann, warum das so ist. Ich will nicht zu viel verraten, aber der Tod hat sich vertan…

Soweit erstmal. Dies ist der Inhalt einer Kurzgeschichte von Alexander Rinke. Er schrieb die Geschichte vor vielen Jahren. Bin mir nicht sicher, aber es sind vielleicht 15-20 Jahre. Vor inzwischen 13 Jahren bekam ich von ihm die Erlaubnis diese Kurzgeschichte zu verfilmen, und diesen Film nutzte ich damals als Bewerbungsfilm für einige Filmschulen und er wurde auf DVD mit einem weiteren Film fleißig verteilt.

Vor etwas über zwei Jahren beschloss ich, ich möchte gerne mal wieder Regie bei einem Kurzfilm führen. Nur bei welchem? Ich entwickelte mit einer Freundin eine tolle Idee, die sich aber als zu kompliziert für ein Ein-Mann-macht-alles-Kurzfilm herausstellte. Ich suchte was Einfacheres und hatte eine Idee.
Ich mache einen Kurzfilm nur für mich. In Deutschland ist das bei der Dichte an Kunst-Kurzfilmen zwar nichts Seltenes, für mich aber schon. Ich will eigentlich ein Publikum. Der „Kurzfilm nur für mich“ sollte mir aber erstmal dazu dienen, wieder in die Fiction-Filmregie eintauchen zu können, wieder ein Gespür dafür zu bekommen und ein Fiction-Projekt von vorn bis hinten durch zu ziehen.
Und die Idee war folgende: Ich nehme mir meinen alten Bewerbungsfilm und mache ein Remake davon! Denn wenn ich ehrlich bin gab es  noch einen weiteren Grund: Ich wollte sehen, ob ich etwas und wenn ja was ich durch Studium und all die Werbefilme in der Zwischenzeit gelernt und verbessert habe. An meiner Denkweise und Art und Weise Filme zu machen.
Ein Vergleich mit mir selbst anhand von „Mitten in der Nacht“.

Ich nahm mir also das alte Drehbuch vor und tippte es erst einmal ab.
Und schon dabei stellte ich fest: Da muss was gemacht werden! Die Kurzgeschichte als Vorlage war super, Alexander ist wirklich ein talentierter Autor. Aber meine Adaptionskünste waren damals wohl eher… naja…
Also Drehbuch überarbeiten und ergänzen.

Während dieser Arbeit kamen so viele Ideen, dass es gar nicht bei diesem Kurzfilm bleiben konnte. Es sprudelte nur so und ich beschloss, mehr daraus zu machen. Ein (mindestens) Dreiteiler, die „Trilogie des Todes“.

 

So wurde aus einer alten Kurzgeschichte ein Kurzfilm und aus dem Kurzfilm 13 Jahre später ein Remake, ausgebaut zum Dreiteiler. Das ist meine Story.

Und nun lese ich, dass eine kleine Produktionsfirma für die Pilot-Season (so heißt diese Testphase mit Pilot-Folgen auf der anderen Seite des großen Teichs) des neoTVLab/ZDF_neo einen Piloten mit ziemlich ähnlichem Inhalt gedreht hat, der im September ausgestrahlt wird.

Da ist man schon mal am Boden zerstört.
Wieso?
Naja, viel Arbeit und Herzblut steckt in meinem Projekt. Früher drehen konnte ich aus zeitlichen Gründen nicht, abgesehen davon, dass so eine Aktion auch Unmengen an Barem veschlingt, das man erstmal über haben muss. Denn mir war recht klar, dass das Ergebnis nicht viel einbringen wird, außer vielleicht ein paar Festival-Teilnahmen.

Und das große Problem: Wird mein Projekt erst nach der Ausstrahlung des anderen fertig, dann bin ich in der Öffentlichkeit derjenige, der dort abgeguckt hat. Das habe ich nicht, das ist mir klar. Aber der Zuschauer weiß das nicht und denkt vielleicht ich hätte die Idee geklaut. Eine Idee, die schon vor Jahren von mir verfilmt und in den letzten Jahren konsequent ausgebaut wurde. Und da kommt in mir die Frage auf, wie ich mit der Situation umgehen soll.

Ich unterstelle den Kollegen nun keinen Ideen-Klau. Das soll man bitte nicht falsch verstehen. Ich gehe nicht davon aus, dass die Kurzgeschichte und mein alter Bewerbungsfilm solche Wellen geschlagen haben, dass sie davon was gesehen und abgekupfert haben. Und selbst wenn: Ideen sind nicht schützbar, nur fertige Werke. Und es reichen minimale Änderungen aus um ein eigenes Werk daraus zu machen.

Am überarbeiteten Projekt waren – bis zu diesem Schrieb hier – nur Menschen involviert, denen ich absolut vertraue, die soweit mir bekannt ist keinen Kontakt zu einem der ausführenden Organe des anderen Projekts haben und die sicher auch nicht ganze Drehbücher weitergeben.

Es gibt eben Zufälle. Und scheinbar auch sehr große. Da haben wohl wirklich zwei Menschen von einer groben Prämisse aus absolut in die selbe Richtung gedacht und ticken wohl im Geiste auch sehr ähnlich, wenn ich mir Dialoge etc. im Trailer so ansehe. Ist halt so.

Und noch einmal die Frage, wie man mit so einer Situation umgehen sollte…

 

Doch jetzt kommt der für mich wichtigste Teil dieses Textes und die Antwort auf diese Frage. Meine Antwort:

Ich mache meinen Film trotzdem!

Er wird mich ordentlich Geld kosten, er wird unter den gegebenen Umständen sicher nichts einspielen, da Festivals und TV-Ausstrahlung wohl wegen des anderen Projekts disqualifiziert sind. Die Leute werden sicher sagen die Story sei geklaut. Und vielleicht verklagen mich auch ZDF_neo und die andere Produktionsfirma. Aber das ist mir egal. Ich habe eh nicht mehr als ich zum Leben brauche, und das was manchmal mehr ist gebe ich sowieso ab. Ich kann nachweisen, dass mein Film auf einem früheren Projekt und einer Kurzgeschichte beruht, ich habe Verträge und Schriftstücke für die damalige Adaption und die neue. Rechtlich bin ich sicher.
Ich will diesen Film für mich machen, aus den oben genannten Gründen. Ich will sehen, was ich gelernt habe, wie meine Regie-Fähigkeiten heute aussehen. Und vielleicht finden sich ein paar Menschen, die meinen Film sogar genauso gut oder sogar besser finden als eine deutlich teurere, mit großem Team kreierte TV-Produktion. Wer weiß das schon?

Gut, vielleicht geht die Nummer auch total in die Hose und wird einfach nur schlecht. Kann auch passieren. Aber dann finde ich raus warum.

Manche Freunde sagen mir, ich soll es lassen. Einen Film den es schon gibt – das kann nur nach hinten los gehen. Andere sagen ich soll es machen, ich hab meine eigene Art und mache einen anderen Film aus der selben Story.

Das ist schon das zweite Mal, dass mir soetwas passiert. Und was ich daraus lerne? Irgendwie muss ich ja richtig denken. Oder? Damals habe ich den Fehler gemacht und das Projekt eingestampft. So konnte ich nie meine Vision der Geschichte sehen. So habe ich mir die Chance entgehen lassen ein fertiges Filmwerk in die Welt zu setzen, ein Publikum überhaupt erst zu schaffen. Ob es dann begeistert gewesen wäre oder nicht, das wäre erstmal egal. Es gab einfach keines. Und das einzige, was schlimmer ist als ein enttäuschtes Publikum, ist gar kein Publikum.

Und dann geht es an dieser Stelle auch einfach mal um „Privat-Spaß“.
Ich rede immer von meiner Leidenschaft „Film“, und diese Leidenschaft lasse ich mir von Freunden, Kollegen und merkwürdigen Zufällen nicht nehmen.
In „Leidenschaft“ steckt „Leiden“, also gehört das wohl dazu.
Und „schaffen“, also muss man auch was tun.

Das ist es jedenfalls, was ich in einer schlaflosen Nacht beschlossen habe.

 

Ich wünsche den Kollegen viel Erfolg mit dem Piloten!
Vielleicht klappt es ja, auch wenn es schwer ist, sich bei sowas durch zu setzen. Die Idee hat Potenzial, das weiß ich zufällig 😉
Und die Zuschauer können ja online mitbestimmen…

 

Hat man euch schon mal Ideen „geklaut“, ob wissentlich oder unwissentlich? Wie würdet ihr damit umgehen? Würdet ihr euren Film auch trotz Allem machen? Oder würdet ihr es lassen?
Lasst´s mich wissen…