DJI Ronin im Test

DJI Ronin im Test

Auf der Photokina 2014 haben Andreas und ich das 3-Achsen-Handheld-Gimbal „Ronin“ von DJI zum ersten Mal live begutachten können. Dort war es mit einer Canon EOS 5D Mark3 mit dem 24-70mm f2.8 L bestückt. Wir haben uns eigentlich beide direkt in das Teil verliebt. Die Gimbals sind schon eine geniale Erfindung und das Ronin ist ein wirklich gutes Teil zum guten Preis, das schonmal vorweg genommen.

Als das Teil dann hierzulande verfügbar wurde, habe ich gar nicht lange gezögert und eines bestellt.

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Es wird in einem Kunststoff-Case mit zwei Einlagen-Ebenen geliefert, darin sind das Gimbal selbst, ein Akku, Ladegerät, ein Montage-Ständer, eine Fernbedienung und aller nötiger Kleinkram an Schrauben und Werkzeug zu finden. Sehr ordentlich und aufgeräumt und endlich mal ein Stück Equipment, bei dem man sich nicht zusätzlich Gedanken machen muss, wie man es nun sicher verpackt zum Einsatzort bringt.

Was ich mir davon erhofft hatte:

Ich dachte mir, das Gimbal könnte eine hervorragende Bereicherung für alle meine Filmwerke sein, vor allem aber bei den vielen Messe-Filmen eine willkommene Erleichterung bedeuten. Stabile und Action-reiche Bilder als Zugabe zu den üblichen Interviews könnten die Filme aufwerten. Nicht, dass ich das nicht so schon getan hätte, aber aus der Hand kommen die Bilder zur Montage teilweise nicht so stabil und gut rüber wie ich mir das manchmal wünsche. Auch wenn die Kunden immer zufrieden waren, so ist mein eigener Anspruch an mich selbst doch sehr von Perfektionismus geprägt und ich will immer besser werden.

Aufbau und Bestückung:

Bestückt werden sollte das Ronin mit allem, was ich so im Fuhrpark habe. Der Einfachheit halber meist mit der Canon EOS 5D Mark3, aber z.B. auf Messen auch mal mit der Canon EOS C100 inkl. Tontechnik und auch mal mit der Blackmagic Cinema Camera. Aber fangen wir mal von vorne an. Wenn man das Ronin auspackt sollte man zuerst mal den Montageständer auspacken und aufstellen. Bitte auf einen stabilen, gerade Untergrund achten. Das Ronin selbst ist im Grunde schnell montiert. Die obere Querstange muss befestigt werden und ein paar Schräubchen an der Kamera-Platte, das war es dann auch schon. Der Akku wird an der Rückseite eingesteckt.

Nun kann man sich gerne noch die (iOS-)App installieren und auf der DJI-Seite nach einer neuen Firmware etc. Ausschau halten. Mein Ronin war bei Lieferung auf dem aktuellen Stand.

Nach dem Einschalten kalibriert sich das Ronin selbst. Das ist ja schon gut. Hat man eine Kamera montiert, checkt sich das System quasi direkt selbst, da Balance-Fehler bereits hier dann häufig zu lauten Brummen der Motoren führt. Und da ist auch schon das wichtigste Thema.

Das Setup der Kameras:

Die Canon EOS 5d Mark3 war im Ronin eigentlich sehr schnell einsatzbereit. Mit dem 24-105 L bestückt dauerte es ungefähr 5 Minuten, die Kamera zum ersten mal auszubalancieren, und das, obwohl die Optik ordentlich Gewicht in den vorderen Bereich bringt. Doch im Großen und Ganzen ist das ein recht ausgewogenes Setup. Ronin einschalten, App zur Kontrolle öffnen, siehe da, alles passt. Keine zu große Motorlast 😉

Ähnlich war es mit der Blackmagic und dem Tamron 17-50. Die BMCC ist zwar recht schwer, aber der Schwerpunkt liegt durch den eingebauten Akku auch relativ weit unten, was die Sache deutlich erleichtert.

Die Canon EOS C100 war dann aber eine ganz andere Liga. Die Kamera ist größer, schwerer, und der Schwerpunkt ist… naja… schwer zu finden. Eines sei gleich gesagt: mit dem oberen Griff und der Audio-Unit passt die Kamera kaum in das Gimbal und das Balancieren ist mir nicht ansatzweise gelungen. Ohne den Griff geht es nach einiger Zeit und viel Ausprobieren auch, ohne dass die Motoren nach dem Kalibrieren spinnen. Aber was man dann bei seinen Aufnahmen dummerweise vermisst, ist der Ton. Denn die Mark1 hat kein internes Mikro. Außerdem hatte ich eine Sache im Kopf: Ich wollte den Empfänger meiner Funkstrecke montierbar wissen. Also den Empfänger in den Multi-Shoe der Kamera und mit Klinke in die Cam, im Menü Audio auf Automatik. Die Qualität der Aufnahmen war in Ordnung, absolut zu gebrauchen, also in das Ronin gespannt und ausbalanciert. Nach einiger Zeit, sagen wir so ungefähr 30 Minuten, hat es auch funktioniert. Also das klappt, auch wenn es anstrengend ist.

Wie es funktioniert:

Joa… ganz gut. Allerdings nicht ganz so, wie ich es mir vorgestellt habe. Denn was wirklich kompliziert ist, ist die Sache mit der Schärfe. Bei allen drei Kameras war es mir im Test recht gut möglich, das Bild auf dem kameraeigenen Screen oder einem externen Monitor zu sehen. Der lässt sich übrigens – wenn das Kabel flexibel und lang genug ist – ganz unkompliziert anschließen, sollte eben nur keinen Zug/Druck auf das Gimbal ausüben. Nur die Schärfe exakt beurteilen ist nicht so einfach, wenn man sich auch nich auf den Bildausschnitt konzentrieren muss. Und selbst wenn man sieht, dass das Bild unscharf ist: Was will man dagegen tun?

Die einzigen Lösungen sind hierbei eine Kamera mit Autofokus oder eben die gute, alte Funkschärfe, die ordentlich ins Geld geht, in Kombination mit einem zweiten Mann an der Fernbedienung. Das würde dann sicher sehr gut funktionieren, entspricht aber eben nicht meinem Arbeitsstil und den Möglichkeiten bei den meisten Projekten, bei denen ich das Ronin einsetzen wollte. Mal sehen, evtl. gönne ich der C100 das Dual Pixel AF Upgrade, das für dieses Auslaufmodell leider noch immer 300€ kostet… Schon frech von Canon.

Die Verarbeitungsqualität des Ronin ist wirklich ziemlich gut, keine ablösenden Gummigriffe, kein Knarzen und Knacken. Es hält alle drei Kameras ohne zu murren und fühlt sich dabei sehr sicher und stabil an. Auch die Schrauben und Bolzen machen dabei einen guten Eindruck. Und selbst, wenn mal was passiert: die kritischen Teile des Gimbals kann man nachkaufen. Es hält die Kamera wunderbar in Lage und auch der Briefcase-Mode ist eine nette Sache, wenn es räumlich mal etwas enger wird. Was nciht 100% zuverlässig geht ist das automatische Umschalten zurück aus dem Briefcase- und den normalen Modus. hier hakt es hin und wieder und man muss ein paar mal umgreifen und drehen, bis das Ronin checkt, was man will. Ein Mal musste ich abschalten und neu starten. Im Großen und Ganzen aber klappt so ziemlich alles. Die App ist auch relativ gut gemacht. Wenn man dann mal weiß was alles bedeutet, kommt man gut klar. Man kann per Bluetooth dann Drehmomente, Haltekraft etc. der Motoren einstellen, Lage korrigieren usw., was wirklich praktisch ist.

Weitere Gedanken:

Inzwischen hat DJI auf der NAB2015 in Las Vegas das Ronin M angekündigt, eine leichtere und kleinere Version des Ronin für kompaktere Kameras wie die Sony A7s oder ähnliche. Der Preis dieser kleinen Version soll bei um die 1500€ liegen und im Netz lese ich seitdem, dass viele davon ausgehen hier ein Schnäppchen schlagen zu können und aufgrund der maximalen Zuladung auch größere Kameras nutzen zu können.

Da wäre ich sehr vorsichtig!

Bis Stromversorgung, Kabel, Schärfe etc. an der Kamera montiert sind kann aus einer kompakten Kamera schnell ein grober Klotz werden, der deutlich mehr Gewicht aufweist. Außerdem gilt es zu beachten wie sich der Schwerpunkt des Systems verlagert. Wie beschrieben wird eine C100 schon mit dem großen Ronin schwierig. Denn neben dem Gewicht gilt es auch zu beachten was die Motoren im Gimbal leisten (können). Bei jedem Setup oberhalb eine Sony A7s würde ich persönlich zu diesem hier besprochenen Standard-Ronin ohne „M“ greifen.

Fazit:

Hat man eine Kamera mit Autofokus oder die Möglichkeit einen Zweiten per Funk die Schärfe ziehen zu lassen, so ist das Ronin ein unglaublich gutes Teil das faszinierende Bilder erlaubt. Das kann man ja zuhauf im Netz sehen. Nur in der Handhabe ist es nicht ganz so einfach, wie man glauben mag. Verständlich, warum es inzwischen dafür – genau wie für die klassischen Steadycams – ausgewiesene Operator gibt. Auch wenn das Handling an sich doch schon simpler ist als bei einer Steadycam. Ich werde das Ronin erst einmal behalten und noch ein wenig testen. Wenn es mir dann gar nicht liegt oder ich keine AUtofokus-Kamera dafür an den Start bringe, werde ich mich davon verabschieden. Zum Rumliegen ist das Ding mit 2.600€ nämlich deutlich zu teuer, auch wenn das im Vergleich zum Movi ein Witz ist.

 

Habt ihr ein 3-Achsen-Gimbal im Einsatz? Handheld oder an einer Drohne? Wie sind eure Erfahrungen?