Panasonic hat mit dem Camcorder AG-AF100 einen professionellen Camcorder mit Four-Third-Format angekündigt.
Das Gerät zeichnet nach Angaben des Herstellers in den Formaten 1080/60i, 50i, 30p, 25p und 24p sowie in 720/60p, 50p, 30p, 25p und 24p auf und benutzt dazu den AVCHD-Codec. Die maximale Bitrate liegt bei 24 MBit pro Sekunde. Der Camcorder kann zwischen 60 Hz und 50 Hz umgeschaltet werden. Tonsignale werden mit 48 kHz und 16 Bit aufgezeichnet.
Die Daten werden auf SDHC- oder SDXC-Karten abgelegt oder über die HD-SDI out-Schnittstelle auf andere Systeme ausgegeben. Bei höchster Bitrate reicht die Bestückung beider vorhandener Kartensteckplätze mit 64GB-SDXC-Karten für bis zu 12 Stunden Videomaterial.
Natürlich können alle FourThirds-Optiken verwendet werden, egal ob Zoom oder Festbrennweiten. Außerdem können per unterschiedlicher Adapter auch normale KB-Optiken verwendet werden. Diese Adapter sind bereits durch die (D)SLR-Foto-/Videografie bekannt. Der AG-AF100 verfügt zudem über Autofokus und soll Ende 2010 erhältlich sein. Zum Preis äußerte sich Panasonic noch nicht, im Netz dagegen wird hier und da von einem Preis um die 6000€ ausgegangen.
So, das zu den Fakten. Was halten wir davon?
Kurz gesagt wird das Teil es schwer haben, sich meine Gunst zu erarbeiten.
Nichts desto trotz bin ich auf die Tests gespannt. Allein durch die Beurteilung der bekannten Features erlaube ich mir aber bereits folgendes Kommentar:
Bitte??!? Die GH1 war schon ein Fehlgriff, warum wieder so ein Fehler?
Begründung:
Wenn man sich an professionelle Filmemacher wendet ist die Aufzeichnungsdauer von bis zu 12 Stunden irrelevant. Außer bei Dokumentar-Filmern. Aber die brauchen keine Festbrennweiten, Schärfe ist kein so wichtiges Stilmittel. Der Codec ist bei mir persönlich sehr unbeliebt.
Ich habe schlechte Erfahrungen bei der Qualität der Kompression gemacht, schneiden lässt er sich auch nicht direkt, sondern muss umkonvertiert werden. FCP konvertiert direkt in ProRes422, der weit mehr Platz braucht. Da kann man auch gleich einen h.264-basiertes mov aufzeichnen, wie es die Canons tun.
Im szenischen Bereich bringen 12 Stunden Aufzeichnungsdauer auch nichts, denn man spart selbst bei digitaler Aufzeichnung irgendwie noch immer, man arbeiten mit kürzeren Einstellungen.
Der Chip ist wieder noch kleiner. Canon´s APS-C und der Red Mysterium-Sensor entsprechen Super35, der Vollformat-Sensor der 5DMark2 ist noch größer. Stichwort Tiefenschärfe.
Die Auswahl an Objektiven ist auch nicht größer als bei DSLR-Kameras.
Aber der Camcorder an sich ist größer. Hm…
Also für die Red und die Arris ist das Teil sicher keine Konkurrenz. Der Begriff „Professional“ erklärt sich mir also erstrecht nicht.
An wen richtet Panasonic dieses Produkt? An die strikten Anhänger der Marke, die von der GH1 enttäuscht waren?
Panasonic lieferte mit der DVX100 eine prima DV-Kamera, die HVX200 war und ist noch immer ein prima Gerät im DVCProHD-Bereich. Dann die VariCam und all die anderen. Was ist das hier? „Hier ist ein Chip, baut was drum herum“? So kann ich auch Produktentwickler werden… Die AG-AF100 kommt Ende 2010 wenn alles gut läuft.
Kurze Frage: Wer hat bis dahin keine Canon 5DMark2, 7D oder 550D?
Oder eine der Nikon-Alternativen? Oder eine Red? Für Indy-Filmer oder Studenten lohnt das Gerät bei dem vermuteten Preis wirklich nicht. Die DSLRs sind günstiger.
Die Größe? Naja….
Ich stehe auf die Größe der EOS 7D. Sie ist klein und damit sehr flexibel. Schon bei Indiana Jones wurden die Loren-Fahrten mit umgebauten SLR-Kameras gedreht… Wenn´s richtig groß werden muss greif ich zur Red oder was noch größerem, also was soll diese Kamera?
Ich will das Gerät hier nicht schon vorher schlecht machen. Ich hatte sie auch noch nicht in der Hand. Wie auch? Ich verstehe nur den Sinn nicht, gemessen an den Infos, die mir vorliegen. Vielleicht gibt es ja noch eine riesige Überraschung. Einen eingebauten DoP oder so…. 😉
Wenn jemand eine Idee hat: Posten!
Ich freue mich trotzdem auf einen Test im nächsten Jahr, und darauf, den eingebauten DoP kennen zu lernen.
Erwin Gassenhauer
Jan 6, 2011 -
Noch habe ich die Kamera nicht in der Hand gehabt, könnte mir jedoch vorstellen dass sie ihr Marktsegment findet:
MINUS:
– Zu geringe Sensorengrösse für Tiefenschärfenfetischisten
– Ein Codec der bei der Lichtkorrektur für gewöhnlich abschmiert
– Ein in meinen Augen unglücklich platzierter Sucher. Ich stelle mir 180°-Schwenks vor.
– Kein BNC Anschluss, der 4:2:2 10Bit herausgibt, was bei diesem Sensor sicher möglich wäre.
und die Kamera damit nicht für die Herstellung von TV-Beiträgen ausserhalb von Krisengebieten
qualifiziert.
PLUS:
– Eine Kamera die weitgehend zum Filmen und nicht zum Fotografieren ausgelegt ist
– Ein Autofokus – wenn er funktioniert, dann ist die Kamera für gewisse Einsätze grossartig.
– Ein Pin für Maßbänder – da hat wohl jemand eine Filmkamera angeschaut
– Ein eigebautes ND-Filterrad. Die Platzierung von ND-Filtern hinter dem Objektiv kann optisch vorteilhaft sein.
– Die Schärfenhilfe kann je nach Sucherqualität für one-man- Einsätze sehr massgeblich sein.
– Gegenüber dem Angebot von Sony enorm preisgünstig.
Sicher kann man noch zahlreiche andere Vorteile nennen wie die Pre-Rec-Funktion. Für mich bleibt es eine Kamera die nicht Zuhause sondern im Rental steht und für spezielle Einsätze im Dokumentarischen – vielleicht Industriefilm mit Internetdistribution oder als eine Erstsemesterkamera für Filmstudenten geeignet ist. Für die persönliche Anschaffung kommt sie kaum in Frage, da sie als Profikamera nicht verhält und fürs Homevideo zu viel kostet. Wenn ich jedoch zwischen einer 5D mkII und der AG-AF100 entscheiden muss, so würde die AG-AF100 in 80% der Fälle in Punkto Handling und Einsatztauglichkeit im Bereich Dok, Industriefilm, Fiction zu bevorzugen sein.
Ruben
Jan 12, 2011 -
Vielen Dank für dieses ausführliche Kommentar!
Auf der Negativ-Seite sehen wir vieles gemeinsam. Was die Pluspunkte betrifft:
– wer szenisch arbeitet braucht den Autofokus nicht, Dok-Filmer schon, da gebe ich Recht.
– Maßband-Pin trotz Focus-Assist? Hm…
– ND-Filterrad: Ich habe lieber einen Fader-ND vor der Linse um die Belichtung besser steuern zu können.
– Sony liefert größere Sensoren und vor allem viel bessere Optiken, gerade bei den neuen S35-Kameras.
Also ich sehe den großen Vorteil dieser Kamera noch immer nicht.
Habe ich weniger Budget, so würde ich eine DSLR mit ordentlich Zubehör immer noch vorziehen. Habe ich das große Budget, dann eine von den neuen Sony´s oder eine Red. Filmschulen würde ich als Übungsgeräte für die ersten Semester lieber 4x die EOS 550D + Zubehör (Monitor oder EVF mit Focus-Assist) empfehlen als eine von diesen…
Aber das ist nur meine bescheidene Meinung.
Denn meiner Meinung nach ist der größte Vorteil der 550D, 7D und 5DMarkII immer noch dieser:
Man kann damit AUCH fotografieren!! 😉