4K für alle und niemanden – oder: the return of the pixelwahn

4K für alle und niemanden – oder: the return of the pixelwahn

pixelwahn ist meines meiner lieblingsworte in den letzten jahren.

kein anderes wort kommt mir bei der arbeit so oft in den sinn. nicht „finanzierung“, nicht „kamera“, nicht „schnitt“, nein, „pixelwahn“ denk ich am meisten.

warum?

nun, zuerst bin ich dem pixelwahn in der digitalen fotografie begegnet. hersteller a musste mit der nächsten, neuen kamera die megapixel-zahl des pixelflaggschiffs von hersteller b übertreffen, komme da, was wolle. hauptsache da stehen mehr pixel im prospekt.

hat das auf dauer sinn gemacht? nein, natürlich nicht. zu beginn waren alle begeistert, aber die technik kam eben gar nicht so schnell mit. presste man also 6 millionen pixel mehr auf einen senser (der ja nicht größer wurde), so stieg das dunkelrauschen an, die bildqualität wurde im großen und ganzen schlechter, obwohl ja eine höhere auflösung tatsächlich machbar war. aber eben technisch bedingte bildfehler verstärkt wurden. so sah ein bild aus einer 12mp aps-c-kamera oft besser aus als das aus einer 18mp aps-c-kamera. und die allseits gelobte canon eos 5d mark2 hatte dann 22mp auf einem deutlich größeren vollformatsensor. die pixeldichte war also gar nicht so anders.

naja, man wetteiferte also ewig, bis man merkte, dass der profi oder ambitionierte hobbyfotograf diesen marketing-gag durchschaut hat und gar nicht mehr mit macht.

seltsam, oder? die letzte nikon-rakete war so ein teil, bei dem der eine oder andere hinterher sagte, die detailauflösung sei so groß, dass die retusche der bilder ihm viel zu aufwändig sei. also gabs eine d800 und eine d800e, eine mit und eine ohne filter, die ohne deutlich schärfer, aber eben auch mit mehr aufwand verbunden. canon dagegen hat zum beispiel der 5d mark3 nur ein paar pixel mehr spendiert als dem vorgängermodell und ist deutlich unter den 30 megapixeln geblieben.

nun sieht es so aus als würde dieser wahnsinn langsam ein ende haben und man konzentriert sich endlich auf die wichtigen dinge, nämlich darauf, die qualität der vorhandenen pixel zu verbessern. was – wie ich finde – ja auch viel sinniger ist. ich habe lieber richtig optimierte 23 megapixel, die mir ein technisch perfektes bild liefern, als 30 megapixel, die fröhlich vor sich hin rauschen.

bei den kleinen kompakten knipsen und vielen ihrer anwender ist diese geschichte noch nicht so richtig durchgesickert, ebenso wenig bei handy-knipsern. aber das ist eh ein anderes lager, denn diese winzigen sensoren in handys und smartphones sind meiner meinung nach für parties und zum spaß ok, aber wirklich fotografieren… naja, es ist eine kunstform für sich, aber… nicht meine.

ich hoffte also, das ganze wird mal ein ende haben. aber nein. nachdem die foto-freaks langsam gesättigt sind, geht der ganze spaß im film- & fernsehbereich weiter. wieder eine käufergruppe, der man mit einem neuen schwachsinnigen mist die kohle aus der tasche ziehen kann. und diese meinung kann ich nicht oft und laut genug kundtun. die wegwerfgesellschaft ist so weit, dass fernseher nicht mehr repariert werden. von wem auch? die kleinen fernseh-läden sind ja alle pleite und dicht, es gibt ja nur noch elektronik-riesen. und die fachleute sind umgeschult. stattdessen wird einem schon früh beigebracht, der eigene fernseher ist nicht mehr das gelbe vom ei, und wenn er kaputt geht oder irgendeinen fehler aufweist geht er eben direkt in die tonne – die neue generation fernseher steht mit neuen features ja bereits im blödmarkt und wartet auf die abholung gegen bares.

und an der stelle will ich mal kurz erwähnen, was es da alles gab, seit einige zeit nach der letzten jahrtausendwende die gute alte röhre plötzlich ungeliebt in der ecke stand:

HD-ready, Full HD und dann 3D, das ganze in den technologien lcd und plasma. also erst gab es die fernseher, die „HD-ready“ waren. ihre auflösung war geringer, sie waren aber in der lage das hd-signal darzustellen. das konnten die alten röhren ja nun nicht. dann kamen die echten Full HD-glotzen. die konnten dann die vollen 1920×1080 bildpunkte darstellen. die keiner gesendet hat. lustig. die öffentlich rechtlichen senden bis heute ein 720p-signal. also 25 vollbilder in einer auflösung von 1280×720 pixeln. kein Full-HD, sie nutzen aber durch das vollbildsignal die bandbreite aus. die privaten senden inzwischen in 1920×1080 pixeln Full HD, aber ein interlaced-signal. bandbreite auch voll ausgenutzt. ende im gelände. bis wir hier hin gekommen sind hat es aber lange gedauert. und es dauert an. aktuell dudeln die privaten wieder eine kampagne nach der anderen für ihre hd-sender, hd-plus und alles drum herum. einige haushalte spielen tatsächlich gallisches dorf im von High Definition beanspruchten land. noch lange nicht alle nutzen die HD-angebote. wollen sie vielleicht auch gar nicht. sie kosten ja extra.

ABER es gibt ja noch (ja wirklich, immer noch) diese datenträger, auch bluray genannt. also die dvd mit hd. und die liefert ja auch noch eine tolle option. nämlich 3d!!! 3d im kino!? 3d im wohnzimmer!!! was ein verkaufsargument!! unglaublich!! 3d!!!!!! eine ganze dimension mehr! ich fass es nicht! das muss ich haben! nicht! für alle, die sich nicht so auskennen: dieser 3d-wahn der letzten jahre war die „letzte rettung“ der kino-welt. ja. ungefähr zum 3. oder 4. mal in der geschichte des kinos. so oft gab es 3d nämlich schon. und jedes mal war es ein kurzer hype, eine mode. und dann wieder eine randerscheinung für besondere highlights wie imax 3d. was auch mal toll war, aber eben nicht bei jedem film. und so ist es dieses mal scheinbar wieder. uns wird noch immer vorgegaukelt es gäbe nichts tolleres, filme, die in den staaten in 2d mehr kasse machen als in 3d werden hierzulande nur in 3d gestartet. damit 3d seine berechtigung behält. aber egal. nun muss 3d eben auch ins wohnzimmer. super sache. schwere shutterbrillen, mitten im film die batterien leer, oft mangelnde bildqualität. muss man einfach so sagen… ok, ich habe gerade in letzter zeit auch gutes 3d in einem wohnzimmer gesehen, aber das hängt eben erstens vom tv-gerät und zweitens vom film ab. animationsfilme sind meist ansehbar…

zusammengefasst: 3d ist sowohl im kino als auch im heimkino wieder so gut wie durch. das merken immer mehr kinogänger. und wenn sie nicht im kino sitzen, dann sitzen sie zuhause im wohnzimmer, vor ihrer 46-zoll-plastikkiste mit 3d (wissen nicht wie 3d funktioniert, weil sie es nur ein mal zum probieren angesehen hatten) und gucken arte mit sd-signal, weil der sendersuchlauf für arte hd ja alle programme wieder durcheinander bringen würde. oder wenn es hoch kommt die lieblings-blu-rays. mit 600Hz!!

UND NUN NAHT DIE RETTUNG!

alle haben diese top-glotzen ohne content, der markt ist satt. naja, der kunde ist satt. er kann mit seinem fernseher (theoretisch) sogar schon ins internet, tetris spielen und serien bei maxdome kaufen. was will man mehr…

NATÜRLICH AUFLÖSUNG!!!!

4k, ultra hd, quad-hd!! das ist es was man wollen soll! noch mehr auflösung, noch mehr brillanz! noch mehr pixel, auf die man sein veraltetes sd-signal hochrechnen lässt.

das kino ist hier natürlich vorreiter. in der kino-produktion ist das zauberwort „4K“ schon lange kein mysterium mehr. inzwischen wurden viele auf klassischem film gedrehte filme in 4k abgetastet und für die weitere nachbearbeitung aufbereitet. und der großteil der digital gedrehten filme wird mit 4k produziert. so muss natürlich auch die 4k-auflösung her halten um den fernseher-markt am leben zu halten.

wenn es nach den herstellern geht sollte ein aktueller fernseher wahscheinlich 800Hz haben, eine auflösung von 4k, 55 zoll groß sein und man kann damit nicht nur tetris spielen sondern auch direkt neue, aktuelle 3d-shooter. in 3d natürlich.

und der normale bürger, der sich nur wenig mit dem thema befasst, der tappt natürlich in jede marketing-falle. oft bekomme ich solche verkaufsgespräche im blödmarkt mit. und meistens kann ich gerade noch so daran vorbei gehen, ohne zu explodieren. aber es kommt auch vor, dass ich ncht anders kann als dem verkäufer klar zu machen, welchen schrott er dem armen kunden erzählt. darum hier mal ein kurzer abriss der thematik.

1. man braucht content – also zum beispiel sendungen – in entsprechender qualität, um überhaupt einen vorteil durch die hohe auflösung zu bekommen. viele haben noch nicht mal ein HD-signal an ihrer glotze anliegen. warum sollten sie einen 4k-fernseher betreiben, dessen auflösung ultra-hd, also 4mal so hoch wie die HD-auflösung ist?

2. schon aktuell ein marketing-gag: 400Hz, 600Hz und so weiter. ich hörte mal einen verkäufer sagen: „erst dann haben sie filmgenuss wie im kino!“ da war schluss. wie im kino? der kenner hat sich bei aufkommen der lcd- und plasma-fernseher sorgenum eine korrekte blu-ray-wiedergabe gemacht. warum? weil blu-rays mit 24p, also 24 vollbildern pro sekunde abgespielt werden. genau wie der film im kino. und genau wie der film im kino sollten die 24p mit 48Hz präsentiert werden, also jedes bild praktisch 2 mal. im kino macht das eine mechanische umlaufblende im projektor, hier sollte es elektroisch geschehen. nochmal: 48Hz!! DAS ist kino. schaut man also gerne seine lieblings-kinofilme auf blu-ray, so bringt dieser xxx Hz-zauber absolut nichts. und selbst wenn man dokus schaut. die werden nur mit 25/50Hz gedreht. der Fernseher kann nichts darstellen, was nicht da ist. er kann so tun als ob da was wäre, aber das bild wird video-mäßig, billig, unnatürlich hart, schlicht furchtbar und absolut nicht filmisch. wer seinen fernseher richtig kalibrieren will schaltet ohnehin sämtliche eingebauten „bildverbesserungsfunktionen“ wie auto-helligkeit, optimal-kontrast, kantenverbesserung und wie sie alle heißen erst mal aus. und die bleiben meist sogar aus.

3. die optimale größe des fernsehers lässt sich aus dem betrachtungsabstand herleiten. dazu gibt es formeln. beim alten seitenverhältnis 4:3 war es die doppelte bilddiagonale, nun im 16:9-zeitalter ist es die doppelte bildhöhe. so ganz grob gesagt, als richtwert. warum ist das so? weil das meschnliche auge nur bis zu einem gewissen grad in der lage ist das gesehene aufzulösen, sprich, das auge hat auch eine auflösung, wie ein sensor. auch bei sehr guten augen ist halt irgendwann mal feierabend und man kann manches einfach nicht mehr erkennen. wer 2meter von der glotze weg sitzt muss nicht unbedingt einen 60zoll-fernseher haben! wirklich nicht! er sollte aber auch keinen 23zoll-fernseher da stehen haben. zu klein ist auch nicht gut. der punkt ist: im optimalen betrachtungsabstand kann das auge keine einzelnen pixel mehr erkennen und der betrachter sieht ein vollständiges, einheitliches bild. wie groß sollten wohnzimmer und fernseher nun sein, um 4k zu rechtfertigen?

zur untermauerung: die meisten der filmtheater, die auf digitale projektion umgestellt haben, haben „lediglich“ eine 2K-projektion. lediglich in anführungszeichen, nicht weil 2K schlecht ist. 2K ist allerdings mit 2048×1108 nur minimal größer als das aktuell im wohnzimmer verfügbare Full-HD-bild. wenn ich auf einer leinwand mit 7 oder 8 oder 9 metern diagonale im kinosaal ein perfektes bild habe, warum muss ich dann im wohnzimmer bei einer diagonale von um 1 meter die vierfache auflösung haben? richtig, muss ich gar nicht. manche kinos machen auch werbung mit 4K, haben die auch, zeigen sie nur nciht. zum beispiel werden 3D-filme sehr oft nur in 2K gezeigt, weil die datenrate in 4K nicht gehalten werden kann und eben 2 bilder á 2K gleichzeitig projeziert werden müssen. und hfr? ach… naja, ich mag es nicht, sieht nach billigem video aus finde ich. wird auch nicht die rettung sein weil ähnliche projektionsprobleme und teure technik.

und auch im kino gilt etwas, das für jedes wohnzimmer gilt: das beste bild erreicht man durch kalibrieren seiner technik. wer seinen fernseher auspackt, hin stellt und guckt, der darf sich über bessere bilder an anderen stellen nicht wundern. es gibt dvds und blurays, die helfen, ein ordentliches bild einzustellen. im wohnzimmer. im kino gibt es messgeräte und die beamer können das zum gewissen grad auch selbst, aber der techniker, der das gerät in betrieb nimmt muss es auch tun. in vielen filmtheatern wird das nciht gemacht. und so hat man eine 4K-projektion und wirbt damit, das bild sieht aber trotzdem scheiße aus, m es mal ganz klar zu sagen. in meinem stammkino sehen die 2K-projektionen selbst in den vorderen reihen deutlich besser aus als in einem ketten-kino mit 4K sony-projektoren, das ich auch hin und wieder besuche. weil die 2K-projektion anständig eingemessen ist, die andere nicht.

und wo wir schon beim bild sind: kauft euch einen plasma für´s wohnzimmer, wenn ihr gutes bild wollt. kein lcd. plasmas brauchen etwas mehr strom, haben aber deutlich bessere bewegungswiedergabe, bessere schwarzwerte und… naja, es sieht einfach schöner aus.

 

so, nun klingt das, als wäre ich vollkommen und mit aller gewalt ggeen die 4K-technologie. bin ich aber gar nicht. ich bin gegen unüberlegtes handeln und schwachsinnige verkaufsfallen, vor allem aber gegen uninformiertheit.

4K hat seine berechtigung im produktionsumfeld von kinofilmen oder generell sehr aufwändigen und hochwertigen produktionen. warum? ganz einfach. am computer generierte special effects sehen besser aus und lassen sich verhältnismäßig leichter umsetzen. die höhere auflösung benötigt deutlich mehr rechner-leitung, doch sind dinge wie motion-tracking und keying durch die höhren auflösungen genauer umsetzbar. die effekte werden also optisch besser, bzw. besser in den film integrierbar. gut aussehen werden sie nicht automatisch, sie müssen schon sehr gut gemacht sein. aber die einbindung in den film wird eben nahtloser möglich. skaliert man ein in 4K aufgezeichnetes bild auf 2K runter, so erhält man – wenn man es richtig macht – einen subjektiv schärferen bildeindruck. wieder ein vorteil. außerdem kann man bildausschnitte verlustfrei korrigieren wenn man in 4K aufgezeichnet hat, aber in 2K distribuieren möchte. in der postproduktion ist auch eine nachträgliche stabilisierung der aufnahmen ohne qualitätsverlust durchführbar und vieles vieles mehr. all das sind dinge, die klar für die verwendung von 4K im produktionsumfeld sprechen. aber im consumer-umfled ist es einfach irgendwie unsinnige geldmacherei und ein vorantreiben unserer wegwerfgesellschaft hin zu noch mehr konsum und noch mehr elektro-schrott.

 

der normale konsument, der einen neuen fernseher möchte, kann noch nicht einmal was dafür. er kann sich ja nicht mit allem auskennen. dafür gibt es eigentlich eben fachberater. nur was ist deren fach? im elektroniksupermarkt gibt es viele fächer. in den regalen. die verkaufsberater haben scheinbar allerdings sehr selten ahnung von dem, was dort von ihnen angepriesen wird.

und auch im produktionsumfeld gibt es menschen, bei denen ich mich frage, wie sie in der branche bestehen, bei dem gefährlichen halbwissen, das sie von sich geben. wenn mir jemand erzählt eine red epic soll mit 6K aussehen wie der grandiose alte 70mm-film, dann frage ich mich wie die kamera das macht. denn der look entsteht ja durch die verhältnisse von blende, brennweite und größe der bildfläche, also damals dem film und heute dem sensor. und der sensor der epic hat sein s35-maß, ob mit 1K, 2K, 4K oder 6K, völlig egal, das ist die auflösung, unabhängig vom look. das wird schön scharf wenn man auf 4K skaliert, aber es wird nie aussehen wie 70mm. weil eben die bildfläche die selbe bleibt. wer gibt solche sätze von sich?

 

ich habe mir jetzt viel frust zu diesem thema von der seele geschrieben und konnte damit dem einen oder anderen leser vielleicht etwas verdeutlichen. nicht alles was verkauft werden soll ist sinnvoll, und viele reden einfach gerne zu viel quatsch weil sie es nicht besser wissen oder auch auf marketing-sprüche rein gefallen sind.

fazit ist: kauft bitte nicht unüberlegt alles, was man euch entgegen wirft. denkt nach, lest nach. in guten quellen, nicht in „halbwissen-foren“. und das betrifft alle seiten, sowohl auf produktionsseite als auch auf konsumentenseite. ein 4K-video aus einem handy wird nie so gut aussehen wie ein 2,5K-bild aus der blackmagic cinema camera, ein 20 megapixel handy-foto wird auch nie so gut aussehen wie das aus einer EOS 5d mark3. bis ein lcd-bild aussieht wie ein plasma-bild werden wir noch lange warten müssen und eine 4K-projektion im kino ist selten, im wohnzimmer muss sie einfach gar nicht sein, content gibt es auch noch nicht, und wenn, dann aus dem netz und gnadenlos kaputt komprimiert. bringt also auch nichts.

 

zum spaß hier noch zwei amüsante videos zum thema lcd und plasma. lang, aber kann man sich gerne mal rein ziehen, sind auch mal ehrliche worte vom hersteller selbst drin:

 

und: